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Philipp Erasmus Reich: Zufällige Gedanken eines Buchhändlers über Herrn Klopstocks Anzeige einer gelehrten Republik

Wenn man die Aufsätze, welche Herr Klopstock zu Errichtung einer gelehrten Republik, und einige andere, welche seine Freunde in gleicher Absicht seit einiger Zeit an das Publicum ergehen lassen, unpartheyisch beurtheilen will; so wird man gar bald finden, daß es ihnen blos darum zu thun ist, den Buchhandel zu zerstören, indem man die Buchhändler verdächtig macht, und sich die Vortheile zuzueignen, deren sie bisher durch die Gelehrten genossen haben.

Ich würde mir nie einfallen lassen, mich diesem letztern Unternehmen zu widersetzen, denn wie kann ich jemanden verdenken, wenn er glaubt gewisse Mittel vor sich zu sehen, wodurch er seinen zeitlichen Wohlstand befördern könne, und dieselbigen ergreift. Aber empfindlich ist es für einen rechtschaffenen Mann, wenn dieß auf eine Art geschieht, wodurch die Ehre und Tugend eines ganzen Körpers, von dem er ein Glied ist, gekränket wird; alsdenn wird es doch wohl erlaubt, wo nicht Pflicht seyn, diesen Körper, diese Gesellschaft zu vertheidigen, und dem Gemälde die Schwärze zu benehmen, unter der man sie der Welt vorstellen will. Einzelne Glieder können sich gewisser Vorwürfe schuldig machen, sie können den Verdacht der Unbilligkeit und Ungerechtigkeit verdienen, den man auf sie wirft: aber so wie es in jeder Klasse, vom Throne bis zur Hütte, Menschen giebt, die ihrer Würde, ihrem Stande, ihrem Berufe, nicht gemäß handeln, so wird man doch wohl auch in Ansehung der Buchhändler nicht eine Ausnahme machen, von einem auf alle schließen, und den ganzen Stand verdammen wollen? Ich wenigstens denke nicht so unbillig in Ansehung der Gelehrten. Ich verehre sie als die einzigen wahren Stützen unserer Handlung, und die unbilligen Forderungen, die kleinen Ränke, die Partheylichkeit, der Verfolgungsgeist, der Neid und die hämische Rachsucht einiger wird mich nie abhalten, den ganzen Stand mit innigster Hochachtung und Ehrerbietung zu betrachten. Ich vermuthe daher auch nicht, daß diese kleine Schrift, wodurch ich die Rechte des Buchhändlers und seine Ehre zu vertheidigen suche, jemanden beleidigen werde. Wenigstens wird es alsdann ein genommenes und kein gegebenes Aergerniß seyn.

Die Erörterung zweyer Fragen: 1) Was der Buchhandel eigentlich heut zu Tage sey? 2) Ob er nothwendig oder zu entbehren sey? wird die ganze Sache entscheiden. Ein Buchhändler ist, meinen Gedanken nach, nicht blos ein Mensch, der für andere Vorschüsse annimmt, einen deutschen Merkur verkauft, oder mit seinem Kram unter dem Arm auf den Zimmern seine Waare feil bietet. Er ist ein Mann, der mit sehr großer Mühe, Sorge und Gefahr täglich für das Publicum arbeitet, indem er für sich selbst arbeitet; der zu dessen Bequemlichkeit auf seine Kosten mit Inn- und Ausländern Verbindungen unterhält; der für dieses Publicum, theils durch den Verlag eigener Werke, theils durch die Einbringung und Unterhaltung großer Sortimente von inn- und ausländischen Büchern, davon der Abgang eben so wenig, als von jenen, zum voraus zu bestimmen ist, ohne Unterlaß sein Vermögen und seinen Credit waget. Das ganze Feld der Buchhandlung zu bauen, erfordert also mehr Einsicht, Kräfte, Fleiß und Kenntniß der Welt, als beym Verlage einzelner Stücke, die selten über unsere Gränzen gehen, nöthig ist, und als sich diejenigen vorzustellen pflegen, die aus ihrer Studierstube davon urtheilen.

Aber ist nun dieser Buchhandel nothwendig oder zu entbehren? So lange man es nicht für überflüßig hält, Einsicht, nützliche Kenntniß und Geschmack, in allen Theilen der Wissenschaften und Künste, unter allen Menschen, von jeder Gattung, ja selbst Tugend und gute Sitten zu verbreiten: so lange, glaube ich, ist er es. Wodurch theilt man jene anders mit, als durch Bücher, die Fahrzeuge unserer Ideen, unsers Witzes und unsers Geschmacks: und wodurch werden diese in die Hände der Menschen gebracht, als durch den Handel mit denselbigen? – Gut, sagen Sie, aber dazu brauchen wir keine Buchhändler; jeder Gelehrter kann das Product seines Geistes selbst verlegen, selbst drucken lassen, selbst verkaufen, und dadurch den Fleiß seines Schweißes selbst einärndten, den er itzt diesen Buchhändlern überlassen muß. – Es sey so: Also wird der Gelehrte in Zürch, in Hamburg, in Berlin, in Koppenhagen, in Paris, in London, u.s.w. sein Werk in eigenen Verlag nehmen – und wie dann unter die Leute bringen? Vermuthlich soll alsdenn jeder begieriger Bücherleser an diesen Gelehrten schreiben, ihm sein Geld für dessen Buch auf der Post überschicken, und dafür den Empfang desselbigen gewärtig seyn? – „Nein, sagen Sie, so eine lächerliche Foderung kann uns nur ein Buchhändler andichten. Wir werden an jedem großen Orte, und auch an kleinen Oertern, unsere Collecteurs, unsere Commissionairs haben; diese werden verkaufen, und uns das Geld berechnen – und diese Commissionairs und Collecteurs werden lauter gute, treue, gewissenhafte Leute seyn?“ O sehen Sie zu, meine Herren, daß Sie Sich nicht irren, daß Ihnen diese nicht mit sammt der Casse davon laufen, und daß der letzte Betrug ärger als der erste werde. Aber wir wollen so menschenfreundlich denken, daß wir uns unter diesen Leuten lauter rechtschaffene Männer vorstellen. Was werden sie alsdann anders seyn, als das was wir itzt sind; Buchhändler, die auf Ihre Rechnung sitzen: also wollen Sie uns blos mit andern vertauschen? Wenn nun aber diese nur Ihre Werke verkaufen sollen, (und jeder Gelehrte schreibt doch nicht so viel, daß er einen ganzen Buchladen ausfüllet) sollte nicht der gehoffte Profit auf den Unterhalt des Commissionairs gehen, wenn anders so viel herauskömmt? „Aber diese werden unsere Freunde seyn, die es blos als ein Nebenwerk ansehen. –“ Und wie soll es denn mit Einbringung der Sortimente und anderer ausländischer Bücher gehen, die theils durch Tausch, theils durch baaren Einkauf herbey geschafft werden? Ja, die werden Sie nicht lesen mögen, weil Sie Sich selbst genug sind. Aber es giebt gleichwohl arme Layen, die schwach genug sind, sich anderer Völker und Menschen Kenntnisse zu Nutze zu machen? – „Diese mögen sich helfen wie sie können, oder rathe ihnen Gott! Wir sorgen für uns.“ Ja, das ist freylich der Punkt, und ich hätte des Vorhergehenden ganz überhoben seyn können, weil Sie das alles so gut, und vielleicht besser als ich wissen, Freunde und Bekannte unter den Buchhändlern haben, und durch ein wenig Nachdenken selbst errathen können. „Es ist der Vortheil, der Ihnen durch uns für Ihren sauren Schweiß entrissen wird. Herr Klopstock will versuchen den Gelehrten ihr Eigenthum zu erhalten etc.“

Ihr Eigenthum? dieß wird Ihnen kein Mensch streitig machen. Sie sind, wie jeder Kaufmann über seine Waare, so Herren über Ihre Handschriften, und will der Käufer nicht Ihre Bedingungen eingehen, so wird kein Buchhändler Ihnen dieselben mit Gewalt zu entreissen wagen. Doch ich gestehe es, daß es Buchhändler giebt, die unbillig genug sind, manchem rechtschaffenen Gelehrten seinen Fleiß nicht so zu belohnen, als er es verdiente, ihm die Früchte seiner Arbeit abzudrücken, und damit zu wuchern, ob ich gleich den Vorwurf zurück geben könnte, daß manches selbst gute Buch dem Buchhändler zu Maculatur wird. Und wie können Sie sich vor diesen vermeynten Bedrückungen in Sicherheit setzen? „Durch den Weg, werden Sie sagen, den Pope mit dem Homer eingeschlagen, durch die Subscription;“ denn dieß ist immer das Beyspiel, das uns vorgehalten wird. Aber erinnern Sie sich denn der Verhältnisse, die ein Dichter von Popens Rufe in London vor sich hatte, wo ein Zusammenfluß von allem ist, was nur im ganzen Reiche mächtig, groß, reich, gelehrt, vornehm und angesehen ist? Halten Sie doch dagegen die Hauptstädte in unserm Deutschlande, und sehen wie viel ein Gelehrter auch auf das wichtigste Werk, selbst in der angesehensten Stadt, zusammen bringt? Ueberließ nicht Pope sein Werk nach der ersten Subscription, wo er von so vielen Freunden und Gönnern unterstützet ward, immer noch dem Buchhändler? Wie viele Gelehrte könnte man Ihnen nicht wieder in England entgegen setzen, denen es mit der Subscription mißlungen? Wie viele Dichter sind bey diesen großmüthigen Engländern nicht immer arm und verachtet gestorben, deren Verdiensten man erst spät Gerechtigkeit wiederfahren lassen! Ich will weder einen Milton, Dryden, noch Buttler anführen, denn es ist möglich, daß Nebenumstände etwas dazu können beygetragen haben. –

„Aber man sieht es gleichwohl, wie sich die Buchhändler auf unsere Kosten bereichern.“ Und wie viel sind denn dieser Reichen in Deutschland? Man zählet ihrer ungefehr 300, und unter denselben sind kaum 50, welche den öffentlichen Credit völlig genießen und verdienen, und dieses sind größtentheils alte Handlungen, die vielleicht durch einen Fleiß von Jahrhunderten denselben erhalten haben. In Paris und London findet dieses leichter statt, wo ein Buchhändler seinen Verlag gleich gegen baar Geld an dem Orte seines Aufenthalts absetzt, und eine Auflage eines gangbaren Werks von etlichen Tausend in ein paar Wochen verthan ist: aber in Deutschland, wo so mancherley Provinzen sind, wo man an seinem Orte das wenigste absetzet, erst beschwerlich auf Credit versenden muß, oft die Hälfte zurück, oder gar nicht bezahlt bekommt, schlechte Bücher für gute im Tausche annehmen muß, wo man gerade die Bücher, die uns schadlos halten könnten, nachdruckt – – „Aber dafür habt ihr die Privilegien –“ Privilegien? Haben Sie nicht die Beyspiele vor Augen, daß weder kayserliche, noch königliche, noch churfürstliche Privilegien davor schützen? O merken Sie sich dieses! Zwar Sie brauchen derselben nicht, und erwarten die Verhinderung eines Nachdrucks von Ihrer eigenen Autorität: Sie werden den Buchhändler, der dergleichen bey Ihren Werken, die Sie der Welt ankündigen, dadurch brandmarken, daß Sie ihn öffentlich nennen. Rechnen Sie darauf ja nicht, der Buchhändler hat warlich vielmehr für sich. Die Handlungsverbindungen, die Furcht den Credit unter seinen Mitbrüdern zu verlieren, oder vor dem Vergeltungsrechte, halten noch manchen ab, diesen zu schaden, und doch kann er es nicht allemal wehren. Gesetzt nun, wenn man der Republik des Herrn Klopstocks eine Republik der Buchhändler entgegen setzte? Wenn man die brauchbaren Artikel sofort noch correcter und schöner, als die Originale wären, nachdruckte, und sie dem Publico um die Hälfte des Preißes anböte? Wenn Landesobrigkeiten, da wo es nicht erlaubt ist, daß ein Privatus sich seine Bedürfnisse selbst verfertigen, und dadurch den Nahrungsstand unterbrechen darf, diese Buchhändler-Republik schützete? So fürchte ich, die Republik des Herrn Klopstocks würde leicht erschüttert werden, und der ausgeschriebene Landtag würde sich wie mancher Reichstag in Pohlen endigen.

 

Freylich würden Sie dann über Ungerechtigkeit schreyen! Auch ich für meine Person halte mehr auf das, was Rechtschaffenheit und Wohlwollen gegen andere gebeut, als auf das sogenannte Recht der Convenienz. Indessen denken nicht alle so, und die Selbsterhaltung ist doch auch eine Pflicht. Was bleibt aber dem Buchhändler übrig, wenn er nicht zu Grunde gehen soll? Er waget zehen Unternehmungen, wovon ihm kaum eine gelingt, die ihn schadlos hält: und diese einzige Stütze wollen Sie ihm entziehen? Wer ersetzt ihm seinen Verlust bey den übrigen? Wer sorget für seinen Unterhalt, und für die großen Kosten, die mit jeder Buchhandlung verbunden sind? „Mittelmäßige und schlecht soll er nicht drucken lassen. – – –“ O meine Herren, verleihen Sie ihm die Weisheit, oder theilen Sie irgend einem andern Menschen das Vermögen mit, die Güte jedes Buchs zu beurtheilen, und zum voraus zu bestimmen, was Beyfall erhalten werde oder nicht. Welcher Vater liebet nicht seine Kinder, und welcher hält nicht seine Geburten für schön? Bey der Verschiedenheit der Meynungen und des Geschmacks, die so verschieden als die Menschen sind, die in jeder Provinz, an jedem Orte sich abändern, und nach der Verschiedenheit der Meynungen, der Beschäfftigungen und Handthierungen, andere Farben, andere Täne annehmen, wer soll, wer kann allgemeiner und oberster Richter seyn? Erinnern Sie Sich nur, wie sich seit zwanzig Jahren der Geschmack in Deutschland geändert hat? – – Es ist wahr, wir können in jeder Gattung von Wissenschaft Gelehrte über die uns angebotenen Arbeiten zu Rathe ziehen: aber kennen Sie keine Gelehrten, die sich widersprechen, die nur von ihren Meynungen eingenommen sind, und sich die bekannte Maxime zum Grundgesetze gemacht haben: Nous ne louons que nous, & nos amis, die selbst keinen sichern und richtigen Geschmack haben, und blos nach ihren Einsichten oder Leidenschaften tadeln und verwerfen? O wir wollten Ihnen genug nennen, und allenfalls dürfen Sie nur ein Bündel gelehrter Zeitungen von verschiedenen Orten in die Hände nehmen, und die oft einander gerade widersprechende Urtheile lesen. Doch selbst gute vortreffliche Bücher finden oft keinen Abgang, da die schlechten nicht selten ihr Glück machen. Wie unsicher bleibt also immer für den Buchhändler die Wahl? – Und wer soll denn große weitläuftige Werke unternehmen, deren Verlag oft viele Tausende kostet, die sich entweder in undenklichen Jahren, oder gar nicht wieder bezahlt machen, und oft blos mehr zur Nachfrage, als zum Verkaufe da liegen? Ein Henricus Stephanus war Schriftsteller, Buchhändler, und Buchdrucker: Er hätte also am ersten sollen beurtheilen können, was seinem Vortheile gemäß oder zuwider war; und doch brachte ihn sein schätzbarer gelehrter Thesaurus der griechischen Sprache so weit, daß er im Hospitale sterben mußte.

 

Noch eins, was den Nachdruck betrifft! Wie? Wenn Ihnen dießfalls einer sagte, daß er Sie mit Ihren eigenen Waffen bestreite, und zu seiner Entschuldigung vorbrächte, was einige Gelehrten bey verschiedenen Gelegenheiten zu der ihrigen anführten: „Man glaubet dem Publico dadurch einen Dienst zu erweisen; es sind nicht Exemplare genug vorhanden; man will das Werk durch einen wohlfeilern Preis gemeinnütziger machen u.s.w.“ Der Schaden des rechtmäßigen Verlegers kam hier nicht in Anschlag, es schien ihnen eine Kleinigkeit zu seyn: eine Kleinigkeit? Gut; aber das was recht und unrecht, was edel und unedel ist, wird für den keine Kleinigkeit, der nach richtigen Grundsätzen handelt, und von ihnen darf der ehrliche Mann niemals abweichen. Ich wenigstens habe hiervon keine andere Begriffe, und strenge gegen mich selbst bey Ausübung der gesellschaftlichen Pflichten, erlaube ich mir eben so wenig gegen andere ungerecht zu handeln, als ich dieses von andern erdulden kann.

Ihr itziger Plan scheinet Ihnen zwar vorteilhaft, Sie versprechen sich großen Gewinnst dabey; aber wird Ihre Ruhe, wird Ihre Ehre dabey gewinnen, und soll nicht die Ehre des Gelehrten größter Gewinnst seyn? – 'Doch ich nehme es an, daß Sie Ihre idealische Reise glücklich fortsetzen, daß der Enthusiasmus noch einige Zeit für Sie dauert; an einem gewissen Berge, an den Sie nicht gedacht zu haben scheinen, erwarte ich Sie; eben da, wo ich schon so manchen Schriftsteller, der zugleich Verleger seiner Werke seyn wollte, angetroffen habe. Doch auch diesen mögen Sie übersteigen; wie wird es aber am Ende in Ihrer Republik bey der Theilung aussehen? Ich fürchte, die Sterne von der ersten Größe werden nach und nach die kleinern verdrängen, und diese, der Dienstbarkeit müde, werden wieder nach ihrer ersten Freyheit greifen. Gesetzt aber auch, dieses geschähe nicht, und die Menschen hörten aus schuldiger Ehrfurcht für Sie auf, das zu seyn, was sie sind, was würde das Publicum für Vortheile dadurch erlangen? Da unstreitig ein jedes Fach seinen eigenen Mann braucht, da Mittelspersonen zwischen dem Gelehrten und diesem Publico nöthig sind, würden beyde Theile davon reellen Nutzen haben, wenn Sie auf Kosten dieses Publicums die bisherige Einrichtung zernichten, die alten Buchhändler verdrängen, und so viel neue an dieser Stelle schaffen wollten? Diese brauchen Lehrgeld? Das Publicum würde es hergeben; gut; aber am Ende würden sie doch eben den Maaßregeln folgen müssen, die bis jetzt bey den ersten üblich gewesen sind, das ist, wie ich schon gesagt, Sie und Ihre Commissionairen würden Buchhändler werden. Noch haben wir kein Beyspiel, daß Entwürfe von dieser Art in Deutschland gelungen wären; ich berufe mich auf die Erfahrung; die Pränumeranten haben immer noch ihren Enthusiasmus oder ihre Leichtgläubigkeit mit ihrem guten Gelde bezahlt, und es wird auch mit dem jetzigen wohl nicht anders ablaufen. Am politischen Himmel sehen wir zwar viele Veränderungen; allein mein Trost ist, daß Sie, meine Herren, weder Armeen zu commandiren haben, noch willkürliche Strafen ausüben können, und daß unter den Gehülfen, die Sie uns entgegen stellen, so liebenswürdige Frauenzimmer sind, durch deren Mitwürkung unmöglich der Tod irgend eines unschuldigen Menschen erfolgen kann. Allenfalls hülle ich mich in meine Unschuld, und erwarte von der Zukunft billige Richter.

 

Doch ehe ich von Ihnen ganz Abschied nehme, fällt mir noch ein Vorschlag ein, dessen Ausführung Ihnen und uns gleich nützlich seyn würde; alle Widersprüche würden aufhören, wenn unser beyderseitiges Interesse mit einander vereiniget werden könnte, und das würde erfolgen, wenn Sie es mit uns beym Reichstage, und bey den sämmtlichen Fürsten Deutschlands durch Ihre Freunde dahin bringen könnten, daß man gegen den Nachdruck ein allgemeines Gesetz annehmen, und darüber halten wollte; dann würden wird die Früchte Ihres Fleißes nach Würden bezahlen können, und dadurch allen Vorwürfen entgehen, die uns itzt so empfindlich sind, da wir sie den Umständen nach nicht verdienen.

Und nun, meine werthesten Herren Collegen, wende ich mich zu Ihnen! Redliche, rechtschaffene Männer werden mir über das, was ich hier gesagt habe, und noch sagen werde, ihren Beyfall nicht versagen; mein eigen Herz ist mir Bürge für sie. Von dem übrigen Theil erwarte ich ihn, wann sie anfangen werden zu denken und nach richtigen Grundsätzen zu handeln, und diesen großen Vortheil wünsche ich ihnen bald. Dann werden sie aufhören niedrigen Leidenschaften Gehör zu geben, sich selbst unter einander aufzureiben und zu entehren. Der, welchen das Glück durch rechtmäßige Wege zu seinem Vortheil geleitet hat, wird nicht mehr der Gegenstand ihrer Eifersucht und ihrer Verfolgung seyn. Sie werden alle Dinge in ihrem gehörigen Gesichtspunkte betrachten, sie werden den Segen durch redliche Handlungen auf sich und die Ihrigen bringen; es wird ihnen endlich auch einfallen, daß sie sterben müssen, und daß der nur glücklich ist, den ein ruhiges Gewissen in jene Welt begleitet. Ein edler Herr von Trattner sowohl, als die, welchen die Vorsehung einen niedrigern Stand, ein kleineres Feld angewiesen hat, werden dann diesem Stande Ehre machen, wann sie dem allgemeinen Gesetze der Natur folgen, und das thun, was sie wünschen, daß man ihnen erweise. Warum, habe ich oft gedacht, entfernet sich doch jener, der Herr von Trattner, so oft von diesem Gesetze aller Gesetze? Er will Künste und Wissenschaften in seinem Vaterlande ausbreiten helfen etc. Aber ist dieses der rechte Weg, und was noch mehr ist, breitet man gute Sitten durch Rauben und Plündern aus? Ist aber der Nachdruck etwas anders, als ein Diebstahl, ein Raub? Ein Hechtel und seines gleichen sind unter meiner Anmerkung; aber ein Mann, den die Natur zu bessern, zu höhern Endzwecken bestimmt zu haben scheinet, würde sich der wohl so tief erniedrigen, wann er diese Dinge nach ihrer wahren Beschaffenheit betrachten, wann er überlegen wollte, daß der nur edel und groß ist, der Meister von seinen Leidenschaften, Gutes zu thun seine vornehmste Beschäfftigung seyn läßt?

 

Deutschland wird zwar von verschiedenen Fürsten regieret, davon ein jeder als das Haupt seiner besondern Nation betrachtet zu werden pfleget; allein alle Buchhändler in allen Provinzen Deutschlands machen nur einen Körper, nur eine Republik aus, die im Grunde nur einerley Gesetze angeommen, und diesen Gesetzen zu ihrer eigenen Erhaltung folgen, nothwendig folgen müssen. „Ja, aber unter diesen Buchhändlern sind manche, die eine Art von Herrschaft ausüben, deren Verlag wir nicht durch den unsrigen heben können, denen wir baar Geld geben müssen etc. Ist diese Beschwerde vernünftig und billig? Alle Arten von Handlung gründen sich auf gegenseitige Bedürfnisse, und diese werden in der ganzen Welt entweder durch Tausch, oder wenn ich das Aequivalent nicht in Waaren habe, durch Geld befriediget; genug, wenn der Verkäufer dem Kaufenden die Vortheile einräumet, die er nach der Billigkeit und nach der Abrede genießen muß. So lange man keine spartanische Gesetze einführet, so lange die Gemeinschaft der Güter unter den Menschen nicht statt haben kann; so lange wird es wohl nicht erlaubt seyn, seinem Nachbar das mit Gewalt zu entreißen, was mir fehlet, und eben so lange wird der Büchernachdruck ein Diebstahl seyn. Mancher von Ihnen, meine Herren, befngt sich zwar nicht geradezu mit Nachdrücken; aber er begünstiget sie doch; er tauschet und übernimmt ganze Parthien, verbreitet sie, und thut dadurch dem rechtmäßigen Verleger eben den Schaden, den ihm der Nachdrucker selbst zufüget. Muntern Sie aber dadurch das Laster nicht selbst auf, und geben dem allgemeinen Feinde dadurch gegen Sich und die Ihrigen das Schwert in die Hände? Wird ein solcher Mensch, der weder Tugend noch Religion kennet, Ihrer wohl schonen, wann er seinen Vortheil dabey siehet? O meine Herren, auch diese Betrachtung sollte Sie auf den rechten Weg bringen; sie sollte Sie abhalten, länger gegen Ehre und Gewissen, gegen sich selbst zu arbeiten! Ihr wahres Interesse würde dadurch nicht leiden, es würde befördert werden, wenn Sie allen Verkehr mit den Nachdruckern aufheben, und Ihren Verlag nur durch gute und sichere Buchhändler wollten verbreiten lassen! Im Ganzen würden Sie gewiß eben den Absatz haben, und was noch mehr ist, Sie würden Ihr eigenes Wohl befördern, indem Sie das allgemeine unterstützeten. Wenn Sie dieses genau in Betrachtung ziehen wollen, so werden Sie Sich nicht mehr durch schlechte Beyspiele verleiten lassen, Sie werden dann nicht mehr zu dem nichtigen Vorwand, mein Nachbar thut es, also muß ich es auch thun, u.s.w. ihre Zuflucht nehmen. Mich dünket, er ist unter der Würde des Menschen; ich wenigstens getrauete mir weder in dieser noch in jener Welt mit dieser Entschuldigung durchzukommen.

„Die Leipziger haben gleichwohl viele Vortheile vor uns zum voraus, wir müssen ihnen unsere Waaren für die Thüre bringen, und die ihrigen mit schwerer Fracht an unsere Wohnplätze transportieren etc.“ Ich bin kein Leipziger, und deßwegen überlasse ich mein Urtheil mit desto größerer Zuversicht Ihrer Prüfung. Sagen Sie mir, meine Herren, wenn Leipzig nicht mehr existirte, würden Sie glücklicher seyn? Würden Sie nicht einen andern Ort zu Ihrer Zusammenkunft und zu Berichtigung Ihrer Angelegenheiten wählen, würden Sie diesem Orte nicht eben die Vortheile einräumen müssen, die itzt Leipzig genießt? Ein jeder Kaufmann muß calculiren, und das thun Sie ja auch! Sie berechnen Ihre Unkosten, und bestimmen darnach Ihre Preise. Wissen Sie einen bessern Weg, der allgemeiner und richtiger, und der mit der Billigkeit besser bestehen kann, so zeigen Sie mir ihn; kennen Sie endlich noch ein größer Glück, als das ist, ein ehrlicher Mann zu seyn?

 


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