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Martial: Epigramme

[übers. von Alexander Berg, Stuttgart, Krais & Hoffmann, 1865.]

1.2

Der du, wo du auch weilst, gern meine Büchelchen mitführst,

Und für den langen Weg sie zu Begleitern begehrst,

Kaufe diese, die Haut in kleinen Blättchen umfasset:

Gib die großen dem Schrein, Raum ist für mich in der Hand.

Daß du jedoch auch weißt, wo ich feil bin, und in der Irre

Nicht durchschweifest die Stadt, werd' ich ein Führer dir sein:

Suche Secundus dir auf, den frei ließ Luca's Gelehrter,

Hinter der Schwelle der Pax und dem Palladischen Markt.

 

1.29

Fidentinus, der Ruf sagt aus, daß meine Gedichte

Du nicht anders dem Volk liesest, als wären sie dein.

Schenken will ich sie dir, wenn du mein willst nennen die Verse:

Sollen sie mein nicht sein, kaufe sie, deine dann sind's.

 

1.38

Fidentinus, das Buch, das du vorliesest, ist meines;

Aber es wird, da du schlecht liesest, das deinige jetzt.

 

[siehe auch 1.52, 1.53, 1.72]

 

1.63

Celer, du bitt'st mich, mein Buch dir vorzulesen. Ich will nicht.

Nicht, daß du hörst, gilt dir's, gerne nur läsest du vor.

 

1.66

Du irrst, der meine Bücher du bestiehlst, Geizhals,

Und glaubst, ein Dichter könn'st du für so viel werden,

Als deren Abschrift und geringer Band kostet.

Für sechs bis zehn Sesterze kauft man kein Bravo:

Verborgne Verse such' und neue Arbeiten,

Die Einer kennt, versiegelt auch im Schrein hütet,

Der Vater solches unberührten Blatts selber,

Das nicht, vom harten Kinn gerieben, rauh wurde.

Nicht kann ein schon bekanntes Buch den Herrn wechseln:

Doch ist es an der Stirn noch nicht gebimst worden,

Durch Nabel nicht und Pergament geschmückt, kauf' es.

Ich habe solche: und es soll's kein Mensch wissen.

Wer Fremdes vorliest und damit auf Ruhm ausgeht,

Muß nicht das Buch sich kaufen, sondern Stillschweigen.

 

1.117

[…]

Was du begehrst, kannst du viel näher kaufen.

Zum Argiletum pflegst du manchmal doch zu laufen:

Dem Caesar-Forum gegenüber liegt ein Stand,

wo Tür und Wände sind bedeckt mit Büchern, Band an Band,

um alle Dichter rasch zu überschlagen.

Dort kauf mich, brauchst nicht Atrekt zu fragen

– so heißt der Mann dem das Geschäft gehört.

Vom ersten oder einem andern Bord

gibt er Martial, mit Bimsstein glatt poliert

und auch mit Purpur schön verziert,

für fünf Denare dir in deine Hand.

„Soviel bist du nicht wert!“, sprichst du. –

Du hast Verstand.

 

2.1

An Epigrammen vermochtst dreihundert zwar du zu fassen,

Doch wer ertrüge dich dann, Buch, und wer läse dich durch?

Aber vernimm nun auch, was am kurzen Büchelchen gut ist.

Erstlich verderb' ich dadurch kleinere Papiers;

Dann vollendet es auch in Einer Stunde der Schreiber,

Und wird dienstbar nicht meinem Geschwätze nur sein;

Drittens wirst du, wofern ja Einer lesen dich sollte,

Nicht ihm zum Ueberdruß, seiest auch immer du schlecht.

Dich kann lesen der Gast, wenn gemischt fünf Unzen ihm wurden,

Ja, und bevor der Pokal laulich zu werden beginnt.

Denkst du dich vorgesehn durch so große Kürze zu haben?

Weh mir, wie vielen wirst so auch zu lang du noch sein!

 

[siehe auch 2.6]

 

3.2

Sage, wem ich dich schenken soll, mein Büchlein.

Eile, dir den Beschützer aufzusuchen,

Daß nicht, schleunig entführt in schwarze Küchen,

Thunfischbrut du mit feuchtem Blatt bedeckest,

Oder Hülle des Pfeffers seist und Weihrauchs.

In den Schooß des Faustinus fliehst du? Klug ist's.

Wandern darfst du nun, eingesalbt mit Cedrus,

Und, geziemend geschmückt an beiden Stirnen,

Staat mit deinen bemalten Nabeln machen,

Auch umhülle dich zierlich feiner Purpur,

Und es glühe von Scharlach stolz die Aufschrift.

Schützet er dich, so fürcht' auch nicht den Probus.

 

[siehe auch 3.4, 3.5, 3.44, 3.50, 3.68, 3.69, 4.33]

 

4.72

Quintus, du forderst mich auf, dir meine Bücher zu schenken.

Quintus, ich habe sie nicht, Tryphon verkauft sie jedoch.

„Geld gäb' ich für den Tand, bei Vernunft kauft' ich die Gedichte?

Nimmer werd' ich so dumm handeln“, so sagst du. Noch ich.

 

5.10

Sagen soll ich, warum man den Ruhm den Lebenden weigert,

Und der eigenen Zeit selten ein Leser sich freut?

Wundre dich, Regulus, nicht, das ist die Sitte des Neides,

Daß er das Aeltere stets über das Neuere setzt.

So sucht undankbar man den alten Schatten Pompej's auf,

So lobt, kärglich gebaut, Catulus' Tempel der Greis.

So las Ennius Rom, als du noch lebetest, Maro,

Dein Jahrhundert auch hat dich, Mäonide, verlacht:

Selten hat dir die Bühne geklatscht, gekrönter Menander,

Ihres Naso Verdienst war nur Corinnen bekannt.

Ihr, o unsere Bücher, jedoch, nicht braucht ihr zu eilen:

Wenn nach dem Tode mir Ruhm kommet, so lass' ich mir Zeit.

 

[siehe auch 5.11, 5.13, 5.15, 5.16, 5.36]

 

5.73

Theodorus, du wunderst dich, warum ich

Meine Bücher, soviel du bitt'st und drängest,

Dir nicht schenke? Ich habe gute Gründe:

Daß nicht du auch mir deine Bücher schenkest.

 

[siehe auch 6.60(61), 6.61(60), 7.3, 7.52, 7.77, 7.80, 7.81, 7.88, 7.90, 8.55(56)]

 

8.82

Bring, Augustus, auch im dem Gebieter kleine Gedichte,

Während mit Schriften das Volk klagend und bittend dir naht,

Weiß ich, es kann sich zugleich den Staatsgeschäften und Musen

Weihen und dieser Kränz' auch sich erfreuen der Gott.

Duld' uns Dichter, o Fürst: wir sind's, die Ehre dir bringen,

Wir, die gehegt und geliebt schon in der Jugend du hast.

Nicht die Eiche nur ziemt und der Lorbeerkranz des Apoll dir,

Unseres Epheus' Kranz ziere dich bürgerlich auch!

 

9.83

Unter den Wundern, o Fürst, durch welche deine Arena

Jedes gepriesene Spiel früherer Kaiser besiegt,

Danken die Augen dir viel, allein weit mehr noch die Ohren,

Weil die, welche vordem hören sich ließen, nun schauen.

 

[siehe auch 10.70]

 

11.1

Wohin, müßiges Buch, wohin gedenkst du,

Daß mit festlicher Hülle du geschmückt bist?

Traun, Parthenius willst du sehen? Sicher.

Geh und kehre zurück unaufgerollet.

Nur Bittschriften, doch keine Bücher liest er;

Hätt' er Zeit für die Musen, wär's für seine.

Sollt'st du glücklich genug dich etwa schätzen,

Wenn geringere Hände dich erhalten?

Dann besuche Quirinus' nahe Halle:

Keinen müßigern Haufen wirst du finden

Bei Pompejus und bei Agenor's Tochter

Und dem flüchtigen Herrn des ersten Kieles.

Dort gibt’s zween bis drei, die unsrer Possen

Bücherwürmer vielleicht entrollen werden,

Doch wenn müde die Wetten und das Schwatzen

Ueber Scorpus und Incitatus wurden.

 

11.3

Nicht nur die Muse der Stadt hat Lust an meiner Pimplëis,

Und es findet mein Sang nicht ein verschlossenes Ohr,

Sondern im Getischen Reif bei des Mars Feldzeichen durchlesen

Centurionen sogar, derbe, mit Eifer mein Buch;

Auch Britannia singt, so sagt man, meine Gedichte.

Aber was nützet es? Nichts merket mein Beutel davon.

Und was würden mir doch für unsterbliche Lieder gelingen,

Was mit Piërischem Ton braust' ich für Schlachten hervor,

Wenn, da die Götter zurück den Augustus gaben der Erde,

Sie den Mäcenas auch gütig dir, Roma, verlieh'n!

 

12.47(46)

Seine Verse verkauft Luperc und Gallus.

Läugne, Classicus, nun, daß Dichter klug sind.

 

[siehe auch 14.184-14.193]

 

14.194

Einige sagen von mir, ich sei kein Dichter gewesen:

Mein Buchhändler jedoch glaubet es, der mich verkauft.

 


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